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I.

§ 15 CoronaSchVO NRW (Fassung vom 25.01.2021) regelt Beherbergung, Tourismus, Ferienangebote. Gemäß Absatz 1 S. 1 der Vorschrift sind Übernachtungsangebote zu privaten Zwecken untersagt, soweit sie nicht aus Gründen der medizinischen oder pflegerischen Versorgung oder aus sozial-ethischen Gründen erforderlich sind. Die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlich Immobilien etc. ausschließlich durch die Nutzungsberechtigten bleibt zulässig; § 15 I . 2 CoronaSchVO NRW.

Damit ist nicht dauerhafte – welcher Zeitraum auch immer damit gemeint ist – Vermietung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern untersagt.

 

Es stellt sich die Frage, ob dieses Verbot rechtmäßig ist.

II.

1.
Das OVG Berlin-Brandenburg hat in einem Beschluss vom 08.01.2021 (1 S 156/20) das Verbot touristischer Übernachtungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben gemäß § 16 II S. 1 der SARS-CoV-2-InfektionsschutzmaßnahmenVO des Landes Berlin für rechtmäßig erklärt. Antragsteller war ein Unternehmen, das in erheblichem Umfang Ferienappartements vermietet. Das OVG Berlin-Brandenburg hat damit auch die Vermietung von Ferienwohnungen durch diese Bestimmung als verboten angesehen und dieses Verbot für rechtmäßig erklärt. Das Gericht stützt seine Rechtsauffassung auf folgende Erwägungen:

Die gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen für die SARS-CoV-2-InfektionsschutzmaßnahmenVO des Landes Berlin, also die §§ 28, 32, 28 a I Ziff. 12 IfSG, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Verbot touristischer Übernachtungen beugt der Gefahr vor, dass noch in festgestellten Infektionen verbreitet würden und die Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten erschwert wird.

Wegen des „diffusen“ Infektionsgeschehens können Beschränkungen nicht nur bei vermutlichen „Hauptantreibern“ der Pandemie – etwa Clubs; große Privatfeiern mit zahlreichen Gästen – ansetzen, sondern sind auch für andere wirtschaftliche Aktivitäten wie die Vermietung von Ferienwohnungen angemessen.

2.
Die Gerichte gehen derzeit übereinstimmend davon aus, dass die §§ 28, 32, 28 a I Ziff. 12 IfSG eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Rechtsgrundlage für die aktuellen CoronaSchVO’en der Bundesländer darstellen, die damit unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr angreifbar erscheinen. Dagegen sind verschiedene Gerichte den Argumenten entgegengetreten, auf die das OVG Berlin-Brandenburg (a.a.O.) die Beschränkungen der Vermietungstätigkeit in der Sache gestützt hat.

Das VGH Mannheim hat in seinem Beschluss vom 15.10.2020 (1 S 3156/20) ein Beherbergungsverbot für Gäste aus anderen Regionen in Deutschland mit einem Inzidenzwert von mehr als 50/100.000 für rechtswidrig erklärt. Das Gericht sah dieses Verbot als unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Gäste auf Freizügigkeit gemäß Art.11 I GG an. Es sei nicht nachgewiesen, dass mit der Beherbergung ein besonders hohes Infektionsrisiko bestehe. Ausbruchsgeschehen in Beherbergungsbetrieben seien nicht bekannt. Ähnlich sah es das OVG Niedersachsen in seinem Beschluss vom 15.10.2020 (13 MN 371/20) zum Beherbergungsverbot u.a. auch in Ferienwohnungen und Ferienhäusern. Angesichts des engen Anwendungsbereichs erfasse das Verbot nur einen sehr geringen Ausschnitt des Reisegeschehens und könne deshalb – potenziell – auch nur sehr geringe Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen haben. Die Beherbergung als solche wie auch die Anreise der Gäste begründe kein erhöhtes Infektionsrisiko. Demgemäß stellt sich auch das Thema „Nachverfolgbarkeit“ nicht, zumal diese aufgrund der Erfassung der personenbezogenen Daten der Mieter ohne Weiteres gewährleistet ist. Das Verbot stelle deshalb einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 I GG (Berufsfreiheit) dar.

Das Verbot der Vermietung von Ferienwohnungen in § 15 I S. 2 CoronaSchVO NRW gilt generell und ohne Ausnahmen. Es differenziert z.B. nicht danach, ob der Mieter aus einem Gebiet mit einem hohen Inzidenzwert stammt oder nicht. Ebenso wenig differenziert das Verbot nach der Person des Mieters. Verboten ist auch die Vermietung an Einzelpersonen oder Personen aus einem Hausstand, für die die Kontaktbeschränkungen des § 2 CoronaSchVO NRW nicht gelten. Das Verbot reicht damit noch viel weiter als Beherbergungsverbote für Gäste, die ausschließlich aus „Risikogebieten“ stammen. Wenn schon diese Verbote von Gerichten gekippt werden, dürfte ein Verbot, das wie § 15 I S. 2 CoronaSchVO NRW generell, unterschiedslos und ohne Bezug zu irgendwelchen Risikofaktoren Beherbergung bzw. Vermietung von Ferienwohnungen/-häusern untersagt, rechtlich hoch problematisch sein. Dies gilt umso mehr, als es weiterhin keine Belege gibt, dass Beherbergung bzw. Vermietung von Ferienimmobilien mit einem relevanten Infektionsrisiko verbunden und die Nachverfolgbarkeit der Gäste und ihrer Kontakte ohne Weiteres zu gewährleisten ist.

3.
Private Vermieter von Ferienwohnungen sind durch die Vermietungsverbote insbesondere in ihrem Grundrecht aus Art. 14 I GG (Eigentumsgarantie) betroffen. Eingriffe in dieses Grundrecht sind zwar im öffentlichen Interesse zulässig, wozu sicher auch die Bekämpfung der Corona-Pandemie zählt. Allerdings unterliegen solche Eingriffe dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Wie die oben erwähnten Entscheidungen des VGH Mannheim (a.a.O.) und des OVG Niedersachsen (a.a.O.) zeigen, sind Vermietungsverbote unter diesem Gesichtspunkt rechtlich problematisch.

Die Gerichte haben Berufsverbote für bestimmte Berufsgruppen auf der Grundlage der CoronaSchVO’en auch deshalb für rechtmäßig erklärt, weil die Betroffenen in der Regel Anspruch auf staatliche Unterstützungsleistungen haben – „Dezember-Hilfe“, „Überbrückungshilfe I und II“; vgl. VGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 30.12.2020, 13 B 1787/20.NE. Abgesehen davon, dass diese Hilfen keineswegs so effektiv sind, wie die Politik glauben machen will, lässt sich die Rechtmäßigkeit von Vermietungsverboten für private Vermieter nicht mit diesen Hilfen begründen. Denn dieser Personenkreis ist in der Regel nicht gewerblich tätig und hat deshalb keinen Anspruch auf Staatshilfen.

Man wird in diesem Kontext schließlich berücksichtigen müssen, das das Infektionsgeschehen trotz sinkender Infektionszahlen kaum kalkulierbar ist – Stichwort „Mutanten“. Dies schlägt naturgemäß auch auf die rechtliche Beurteilung von Vermietungsverboten durch. Allerdings gilt auch dann, dass undifferenzierte Regelungen nach dem „Gießkannenprinzip“ rechtlich problematisch sind und abstrakte Risiken konkrete Einschränkungen und Verbote nicht generell rechtfertigen. Ähnlich stellt sich die rechtliche Situation in anderen Bundesländern dar.

Die Rechtswidrigkeit des Vermietungsverbots wäre in einem Normenkontrolleilverfahren gemäß § 47 VwGO vor dem OVG Nordrhein-Westfalen geltend zu machen. Wir sind gerne bereit, ein solches Verfahren zu betreiben.

Krefeld, den 28.01.2021

Dr. Eugène Beaucamp

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