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Die erste Entscheidung eines Gerichts liegt vor!

Inzwischen liegt die wohl erste Entscheidung eines Zivilgerichts zu Entschädigungsansprüchen gemäß § 56 IfSG vor. Das LG Heilbronn (I 4 O 82/20 v. 29.04.2020) hat in einem Eilverfahren einen Antrag auf Gewährung eines Vorschusses gemäß §56 XII IfSG abgelehnt. Zwar ist die Entscheidung noch nicht im Volltext veröffentlicht, weshalb eine abschließende Beurteilung der Entscheidung noch nicht möglich ist.


Nach den bisher vorliegenden Berichten dürften die tragenden Entscheidungsgründe jedoch nicht überzeugen. Zudem scheinen dem Gericht einige handwerkliche Fehler unterlaufen zu sein.

Das Gericht stützt seine Entscheidung nach den vorliegenden Berichten im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

1. Der Anspruch gemäß § 56 IfSG setze voraus, dass die Betriebsschließung z.B. wegen der Infektion oder drohenden Infektion des betroffenen Betriebsinhabers angeordnet worden sei. Diese Voraussetzung lag im Streitfall nicht vor. Eine analoge Anwendung von § 56 IfSG komme nicht in Betracht, weil dies eine Regelungslücke voraussetze. Zwar sieht das Gericht eine Regelungslücke; allerdings sei diese Regelungslücke durch die Rettungspakete für Selbständige geschlossen. Die Antragstellerin in diesem Verfahren hat Soforthilfe beantragt und erhalten.

Diese Argumentation überzeugt nicht. Positiv ist zunächst, dass das Gericht davon ausgeht, dass § 56 IfSG analogiefähig ist, also auch auf Fälle angewendet werden kann, die nicht bereits vom Wortlaut der Vorschrift erfasst werden.

Ebenfalls positiv ist, dass das Gericht eine Regelungslücke annimmt, die den Raum für eine analoge Anwendung von § 56 IfSG auf Betriebsschließungsfälle eröffnet.

Völlig abwegig ist allerdings die Annahme, diese Regelungslücke sei durch die „Soforthilfe für Selbständige“ faktisch geschlossen worden. Die Soforthilfe ist eine Überbrückung von Liquiditätsengpässen im betrieblichen Bereich. Aus der Soforthilfe können grundsätzlich nur Betriebsausgaben finanziert werden. Die Soforthilfe deckt weder Verdienstausfälle ab noch kann sie – jedenfalls in den allermeisten Bundesländern – für Kosten der privaten Lebensführung wie etwa Beiträge für Krankenversicherungen verwandt werden. Die Soforthilfe könnte also allenfalls den Anspruch gemäß § 56 IV IfSG auf Ersatz der während der Betriebsschließung weiterlaufenden Betriebsausgaben ausschließen oder vermindern. Die Soforthilfe schließt aber sicher nicht Ansprüche auf Verdienstausfallentschädigung oder auf Ausgleich von Aufwendungen der sozialen Absicherung (z.B. Beiträge zur Krankenversicherung).

2. Das Gericht verneint auch Entschädigungsansprüche aufgrund anderer Rechtsgrundlagen. Ein Entschädigungsanspruch auf der Grundlage von § 55 PolG (Polizeigesetz) – die Vorschrift regelt Entschädigungsansprüche von unbeteiligten Personen, die von Maßnahmen der Gefahrenabwehr betroffen sind – scheide aus, weil das IfSG m Hinblick auf Entschädigungsansprüche eine abschließende Regelung enthalte.

Diese Einschätzung dürfte schlicht falsch sein. Nach der Gesetzbegründung zur nahezu inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 56 IfSG im Bundesseuchengesetz sind die seuchenschutzrechtlichen Entschädigungsvorschriften nicht abschließend, schließen also Entschädigungsansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften wie dem PolG nicht aus.

Entschädigungsansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff kämen nicht in Betracht, so das LG Heilbronn, weil durch die Betriebsschließungen lediglich Erwerbsaussichten betroffen seien, die durch Art. 14 GG – Eigentumsgarantie – nicht geschützt seien.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht schützt Art. 14 I GG die rechtliche Befugnis, Sachen zum Verkauf oder Dienstleistungen anzubieten. Diese Befugnis gehört zum von Art. I GG „geschützten Bestand“. Eine Betriebsschließungsanordnung greift genau hier ein. Sie ist nichts anderes als die Untersagung des Verkaufs von Sachen oder der Erbringung von Dienstleistungen. Sie stellt damit einen Eingriff in Art 14 I GG mit der Folge dar, dass Ansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff bestehen können.

Fazit:

Die tragenden Erwägungen der Entscheidung des LG Heilbronn überzeugen nicht. Das Gericht kommt zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis, weil es wesentliche rechtliche Aspekte übersieht bzw. von falschen juristischen Bewertungen ausgeht.

Dessen ungeachtet ist die Entscheidung des LG Heilbronn für eine Vielzahl von Unternehmen, die von Betriebsschließungen betroffen waren und noch sind, eine gute Nachricht. Denn für zwei Gruppen von Betroffenen nimmt das Gericht offensichtlich einen Anspruch nach § 56 IfSG an:

  • Unternehmen, die keine Soforthilfe beantragt oder erhalten haben
  • Unternehmen, deren Verdienstausfall etc. höher ist als die beantragte und gewährte Soforthilfe; diese Unternehmen haben einen Anspruch aus § 56 IfS

G, soweit der Verdienstausfall die Höhe der Soforthilfe übersteigt

Die Entscheidung des LG Heilbronn sollte alle von Betriebsschließungen Betroffenen darin bestärken, Ansprüche nach § 56 IfSG geltend zu machen.

Dabei ist zu beachten, dass diese Ansprüche spätestens drei Monate nach der Anordnung der Betriebsschließung bei der zuständigen Behörde gestellt werden müssen. Danach dürfte die Geltendmachung ausgeschlossen sein.

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Dr. Eugène Beaucamp

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